Hannes Diem -
Ich kann fliehen, ich kann kämpfen, um zu leben
Ich kann... eingefroren hier stehen
Ich kann eins von eins abziehen und trotzdem was ergeben
Ich kann Licht in Dunkelheit sehen
Ich kann lügen, ich kann leben, ich kann lieben
Ich kann fesseln, ich kann frei sein, gerade stehen und mich verbiegen
Ich kann Räume sehen und Formen, bin verbannt und auserkoren
Ich kann verzichten und doch nicht widerstehen
Und ihr, ihr konntet scheinbar nicht mehr zueinander finden
Den Palast nicht aufrecht halten, den ihr für uns gebaut
Konntet euch und eure Kinder nicht mehr retten vor den Trümmern
Und so musste ich schnell alles können. Schnell alles können, was ihr euch nicht getraut.
Ich kann mich vergessen, beugen und tragen
Und mich ergeben, um den Frieden zu wahren
Ich kann gefährlich sein und zahm, ich kann reich sein und arm
Ich kann verletzen, nur aus Liebe und Scham
Heut' kann ich Auto fahren, Buchhaltung und Yoga
Ich kann Verträge unterschreiben, Hemden tragen – auch in Rosa
Ich kann kochen ohne Fleisch, staubsaugen und wischen zugleich
Doch einen Konflikt zu sehen, fällt mir echt nicht leicht
Denn ihr, ihr konntet scheinbar nicht mehr zueinander finden
Den Palast nicht aufrecht halten, den ihr für uns gebaut
Konntet euch und eure Kinder nicht mehr retten vor den Trümmern
Und so musste ich ganz plötzlich selber finden, bauen und kümmern
Musste retten lernen, Hoffnung geben, trösten und ertragen
Und ich musste mir versprechen, nie wie ihr so zu versagen
Und besser sein und mich nicht winden,
Ehrlich sein und Wege finden,
Das fortsetzen, was wir schätzen,
Schmerz ertragen, ohne klagen,
Freundlich sein mit jedem Laut,
Schlucken, was sich angestaut,
Und alles können, was ihr euch nicht getraut.
Und heut' können wir vertrauen
Wir können lieben und verzeihen
Wir können neue Schlösser bauen
Und auch diese stürzen ein
Wir können aufhören zu müssen
Wir können alles verstehen
Wir können Licht in Dunkelheit sehen